5 Jahre Anglerverband "Märkisch-Oderländer Angler e.V."

 

Chronik, Erfahrungen   und Ergebnisse einer Verschmelzung

 

Zur Diskussion:  

 

Seit Anfang der 90er Jahre stimmen die gewachsenen Strukturen der Kreisverbände des DAV e.V. nicht mehr mit den nach der Verwaltungsreform gewandelten Strukturen der neuen Landkreise überein. Die Mitgliederzahlen reduzierten sich drastisch, die Bereitschaft zu ehrenamtlicher Arbeit verringerte sich und gleichzeitig stieg aber der Organisationsaufwand zur Führung des Kreisverbandes und zur Sicherung und Erhaltung der Gewässerbasis erheblich an. Im Vorstand des damaligen KAV Strausberg e.V. reiften deshalb Überlegungen, die im neu gegründeten Landkreis Märkisch-Oderland beheimateten drei Kreisanglerverbände (Bad Freienwalde, Seelow und Strausberg) zu einem einzigen neuen und wieder starken Kreisanglerverband zu vereinigen - analog so, wie es die Fußballer im Landkreis bereits getan hatten.

 

Die Zielstellung der angedachten Vereinigung bestand also in der Schaffung eines mitgliederstarken Kreisverbandes, der einfacher mit den neuen Verwaltungsstrukturen des Kreises zusammenarbeiten konnte und der über professionell betriebene Geschäftsstellen und den Einsatz eines Geschäftsführers die Aufgaben zur Anleitung der angeschlossenen Vereine und Sicherstellung z.B. der Gewässerarbeit wesentlich schneller, effektiver und sachkundiger verwirklichen konnte. Die Vereinigung hätte nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) auf dem Wege der "Verschmelzung durch Neubildung" vollzogen werden können.

 

Der Strausberger Vorschlag fand zu dieser Zeit in den beiden anderen Kreisverbänden aus verschiedenen Gründen keine Gegenliebe und 1993 gaben sich die Vereine des Altkreises Strausberg eine neue Satzung und den neuen Namen "Märkisch-Oderländer Angler e. V." In der Folge schlossen sich einzelne Vereine aus Nachbarkreisen diesem Verband an, so z.B. aus Wriezen, Neuhardenberg und Frankfurt/Oder. Im Jahr 1997 wurden infolge personeller Probleme in der Arbeit des Vorstandes des KAV Seelow die Überlegungen zum Anschluss oder Zusammenschluss wieder aktuell. Auf Anregung der Seelower Angelfreunde folgten intensive Gespräche und gemeinsame Beratungen über Modus, Ablauf und inhaltliche Aspekte einer Vereinigung. Und sehr bald wurde auch deutlich, dass bei diesem Vorhaben Neuland beschritten werden musste und dass auf der Grundlage der geltenden gesetzlichen Forderungen (Umwandlungsgesetz und Folgeregelungen) auch eindeutige und rechtlich verbindliche Schritte zu beachten waren.

 

Nach dem Studium der gesetzlichen Grundlagen und nach Abwägung aller gemeinsam interessierenden Umstände wurden sich die Vorstände beider KAV einig, die Umwandlung (Zusammenschluss) in Form einer Verschmelzung durchzuführen, und zwar derart, dass der KAV Märkisch-Oderländer Angler e. V. als übernehmender Verein den KAV Seelow als übertragender Verein in seine bestehende Struktur aufnimmt.

 

Mit diesem Schritt wurden die Mitglieder des KAV Seelow zu Mitgliedern des übernehmenden Vereins der Märkisch-Oderländer Angler. Gleichzeitig ging das Seelower Vermögen in den Gesamtverband über und der KAV Seelow erlosch als selbständiger Verband. Die nach dem Entschluss zur Verschmelzung bis hin zum Verschmelzungs-Verbandstag (und auch danach noch) zu erfüllenden Aufgaben sind anspruchsvoll und können hier nur kurz skizziert werden.

 

Das Verfahren muss grundsätzlich folgende Schritte umfassen:

 

1. Die zu verschmelzenden Vereine müssen durch ihre Vorstände einen Verschmelzungsvertrag nach §4 UmwG abschließen. Dieser Vertrag muss notariell beglaubigt werden.

 

2. Die Vorstände haben einen schriftlichen Bericht ("Verschmelzungsbericht") zu erstellen, in dem das Vorhaben der Verschmelzung begründet wird und der Entwurf des vorgesehenen Verschmelzungsvertrages sowie die rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen erläutert werden.

 

3. Der Verschmelzungsvertrag wird erst wirksam, wenn die Mitglieder der beteiligten Verbände (also die Vereine) in jeweils einem eigenen Verbandstag oder einer dazu einberufenen Mitgliederversammlung einen Beschluss über die Verschmelzung mit einer Mehrheit von 75 % der anwesenden Stimmberechtigten fassen (%- Wert: siehe jeweilige Satzung). Auch dieser Beschluss bedarf einer notariellen Beglaubigung.

 

4. Logischerweise sind Satzungsänderungen/-Anpassungen und personelle Vorstandsänderungen mit einem solchen Schritt verbunden, die ebenfalls auf diesem Verbandstag gefasst werden müssen und über den Notar mit beglaubigt werden müssen.

 

5. Und letztlich müssen die Verschmelzung und die unter 4. genannten Änderungen zur Eintragung in das Vereinsregister angemeldet werden.

 

In unserem konkreten Fall fanden die beschließenden Verbandstage der beiden Verschmelzungsteilnehmer am 04.04.1998 und sofort anschließend der gemeinsame Verschmelzungsverbandstag im gleichen Haus statt. Mit seinem Beschluss vereinigten sich 32 Anglervereine und 1.590 Mitglieder des Bereiches Seelow mit 33 Vereinen und 2.088 Mitgliedern des Bereiches Strausberg zu einem Gesamtverband, dessen Einzugsbereich sich vom Berliner Stadtrand bis hin zur Oder erstreckt. In weiteren Beschlüssen wurden Satzungs- und Beitragsfragen geklärt und die Einrichtung und Arbeit der Geschäftsstellen in Seelow und Strausberg geregelt.

 

Da die Verschmelzung mitten im Geschäftsjahr erfolgte, mussten die Finanzfragen besonders sorgfältig betrachtet werden. So wurden bei beiden Partnern die Bilanzen und Bestände des letzten Monats zugrunde gelegt und mit Beginn des Folgemonats wurde eine gemeinsame Buch- und Kassenführung abgesichert.

 

Einige Detailaufgaben erforderten auch nach der Verschmelzung besondere Beachtung.

 

So ging es um die Überwachung und Abrechnung der Regelungen zur Verwendung der unterschiedlichen Vermögensanteile (z.B. wurden zum gerechten Ausgleich der bei der Verschmelzung noch unterschiedlichen Pro-Kopf-Vermögensstände beider Partner in der Folgezeit territorial unterschiedliche Besatzmaßnahmen realisiert), weiterhin musste die abschließende Steuererklärung für den KAV Seelow erarbeitet und die neue Jahresabschlussbilanz langfristig vorbereitet werden.

 

Damit war der Verlauf der Verschmelzung mit je einem halben Jahr relativ ruhiger Vor- und Nachbereitungszeit und einem turbulenten Zeitraum zwischen März und Mai 1998 abgeschlossen.

 

Der vergrößerte Kreisverband und sein Vorstand arbeiten seither auf einer organisatorisch und finanziell sicheren Grundlage:

 

- Aufbau und Betrieb einer Haupt- und einer Nebengeschäftsstelle

 

- Einsatz eines Geschäftsführers auf der Basis einer "geringfügigen Beschäftigung".

 

- In einer Geschäftsordnung sind Aufgabenverteilung/Kompetenzabgrenzung und allgemeine 
  Arbeitsregelungen für die Vorstandstätigkeit geregelt

 

- Die Mitgliederverwaltung erfolgt mit einem eigenen Rechnerprogramm

 

- Die zentrale Buch- und Kontenführung sowie Finanzabschlüsse erfolgen in eigener

   Zuständigkeit ohne externes Steuerbüro

 

- Insbesondere für die Schatzmeister und die Gewässerwarte der Vereine finden

   regelmäßige Beratungen zur fachlichen Anleitung und Koordinierung statt

 

- Für die Gewässerbewirtschaftung wurden die Leistungen des BWK Müncheberg auf das

   gesamte Territorium ausgedehnt, die Bewirtschaftung aller Gewässer erfolgt nach

   einheitlichen Gesichtspunkten.

 

- Zur Zeit wird eine neue und zeitgemäße Gewässerkonzeption für den Gesamtbereich

  erarbeitet

 

Zusammenfassung:

 

Die Verschmelzung vor fünf Jahren war für alle Beteiligten Neuland und durchaus mit einem gewissen Risiko und mit gesunder Skepsis verbunden.

 

Aus heutiger Sicht war es aber ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, denn die immer größeren und komplizierteren Aufgaben erfordern steigende Effizienz und Engagement der Vorstandsarbeit auf allen Ebenen. Mit einem koordinierenden Geschäftsführer und einer funktionierenden Geschäftsstelle als verlässlichen Rückhalt und spürbare Entlastung können sich alle Vorstände des Bereiches besser auf Schwerpunkte der Vereinsarbeit konzentrieren und vor allem auch nach außen wirksamer auftreten.

 

Verschmelzungen erfordern einen gewissen Aufwand bei der rechtlich sauberen Durchführung des Vorganges. Sie sind aber Voraussetzung für einen akzeptablen finanziellen und organisatorischen Spielraum in der Verbandsarbeit und für die Absicherung von Schwerpunktaufgaben.

 

Nach unseren Erfahrungen sollte dieser Weg sowohl auf Kreis- wie auf Vereinsebene vom Landesverband aktiviert, gefordert und weitergeführt werden.

Bruno Künstler
Geschäftsführer MOA e. V.

Die Bilanz nach fünf Jahren: Vorteile für alle...

 

Ganz offen: es gab 1998 schon eine Menge Bedenken jeder Art und Unsicherheiten, z.B. "zu großes Territorium", "Finanzrisiko", "zu breite Gewässerbasis" und natürlich auch emotionale und personelle Bedenken. Heute wissen wir es: die Sorgen waren unbegründet, alle Probleme waren lösbar und eine Grundwahrheit hat sich bestätigt: ein Verband steht und fällt mit der Organisationssicherheit und seiner finanziellen Basis - gerade hier wirken die Vorteile der Verschmelzung am deutlichsten!

 

Denn: für den Organisationsaufwand ist es nicht entscheidend, ob zum Verband 30 oder 60 Vereine gehören, der Arbeitsaufwand steigt bei weitem nicht in diesem Verhältnis. Ganz anders ist es beim finanziellen Spielraum, er verdoppelt sich tatsächlich.

 

Wenn dieser Spielraum zum Teil für die Einrichtung einer professionellen Geschäftsstelle und den Einsatz eines effizient arbeitenden Geschäftsführers verwandt wird, dann wird der verbleibende Organisationsaufwand für alle verringert, Zusammenarbeiten werden einfacher, schneller und sicherer; die Entlastung ist deutlich spürbar. In aller Offenheit: wir sollten uns trennen von der Illusion, dass in einer streng geldorientierten Umgebung ausnahmslos alle Verbandsarbeiten auf rein ehrenamtlicher Basis zu lösen sind. Einmal ist das - zumal für noch Berufstätige - gar nicht vom Aufwand her zu schaffen und zum anderen wird das "Ehrenamt" gesellschaftlich heute nur noch mit schönen Worten, sonst aber fast gar nicht mehr unterstützt. Und so steht meiner Ansicht nach für unseren großen Anglerverband die Frage nach einer vertretbaren und gesunden Mischung aus professioneller und ehrenamtlicher Arbeit, der Weg dazu wird nur über entweder höhere Mitgliederbeiträge oder über die finanziellen Freiräume von neu strukturierten und größeren Vereinen und Verbänden geöffnet. Wenn wir aus unserer Einstellung heraus die Beiträge in Grenzen halten wollen (dazu haben wir uns auch definitiv bekannt), bleibt uns nur der Weg über die Möglichkeiten aus einer Strukturwandlung. Es ist eindeutig die bessere Lösung, wir empfehlen ihn zur breiten Anwendung im Landesverband und wir stehen bei Bedarf gern beratend zur Seite.

Hans-Joachim Günther
Vorsitzender MOA e. V.

 (PS: auch mit Geschäftsstelle bleibt noch genug für das Ehrenamt zu tun!)

Quellenhinweis: Der Märkische Angler, Ausgabe 4/2003